Sonstiges

Aktuelle Rechtssprechung - Sonstiges

25-jähriges Vertragsverhältnis: Störung der Totenruhe führt für Friedhofsgärtnerei nicht in jedem Fall zur fristlosen Kündigung

Sicherlich gibt es Berufsfelder, bei denen Fehler mehr wiegen als bei vielen anderen. Als sicher gilt allgemeinhin, dass von Bestattern und Friedhofsgärtnern aus Pietätsgründen besondere Sorgfalt erwartet werden darf. Dass jedoch auch hier Fehler passieren können, auf die unter den jeweiligen Umständen arbeitsrechtlich korrekt reagiert werden muss, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Ein selbständiger Friedhofsgärtner wurde mit der Vorbereitung einer Beerdigung in dem mittleren Grab einer Familiengrabstätte beauftragt. Linksseitig war sechs Jahre zuvor jemand beerdigt worden. Ein Mitarbeiter des Friedhofsgärtners verwechselte nun eben jene beiden Gräber und hob das linke statt dem mittleren Grab aus. Als er hierbei auf nicht verrottete Sargteile wie auch Leichenteile stieß, schmiss er diese in einen Müllcontainer. Und genau dort wurden sie wenige Tage später entdeckt. Darauf kündigte die Kirchengemeinde dem Friedhofsgärtner den Vertrag fristlos und hilfsweise fristgerecht. Dagegen klagte dieser und wollte weiterhin bezahlt werden.

Die Richter des OLG entschieden, dass die Kirchengemeinde dem Friedhofsgärtner nicht nach 25 Jahren fristlos kündigen durfte. Nun muss die Vorinstanz noch entscheiden, welche Vergütung dem Friedhofsgärtner der Höhe nach zusteht. Denn klar ist nichtsdestotrotz, dass durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung das Vertragsverhältnis auf jeden Fall nach sechs Monaten beendet wurde.

Hinweis: In einem solchen Fall hätte eine Abmahnung des selbständigen Friedhofsgärtners ausgereicht, der immerhin über 25 Jahre beanstandungsfrei gearbeitet hatte. Durch eine Abmahnung hätte man ihm Gelegenheit geben können, seinen Mitarbeiter von weiteren Tätigkeiten zu entbinden.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2019 - I-21 U 38/19 zum Thema: Sonstiges (aus: Ausgabe 05/2020)

Eilanträge gegen Coronamaßnahmen: 24 Spielhallenbetreiber scheitern vor dem Verwaltungsgericht Köln

Für einige Menschen sind naturgemäß nicht alle Maßnahmen nachvollziehbar, die sich gegen die Verbreitung des Coronavirus richten. So versuchen besonders Gewerbetreibende, sich per Eilantrag gegen in ihren Augen verzichtbare Verbote vorzugehen, um ihre Umsatzeinbrüche zu minimieren. Einige Betreiber von Spielhallen haben sich daher auch gegen das Schließungsverbot wegen des Coronavirus gewendet. Nach einer entsprechenden Bestandsaufnahme war es am Verwaltungsgericht Köln (VG), hierüber zu befinden.

Insgesamt 24 Betreiber von Spielhallen hielten die Schließungen wegen der Coronakrise für unverhältnismäßig und reichten Eilanträge gegen die Schließungen ein. Ihrer geschlossenen Meinung zufolge würde der Infektionsschutz in den Spielhallen gewährleistet sein, diese seien schließlich nicht mit gastronomischen Betrieben vergleichbar. Alleine wegen ohnehin bereits bestehender gesetzlicher Vorgaben müsste ein Mindestabstand zwischen den Spielgeräten gewährleistet werden, die zudem über einen Sichtschutz verfügten, der gleichzeitig einen Schutz gegen Tröpfcheninfektionen bewirke.

Das VG entschied jedoch, dass die Schließung von Spielhallen zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus rechtmäßig war. Die Schließung von Einrichtungen, in denen Menschen zusammenkommen, sei eines jener geeigneten Mittel, die Infektionskurve zumindest abflachen zu lassen. Damit werde eine kurzfristige dramatische Überlastung des gesamten Gesundheitssystems - namentlich der Krankenhäuser - verhindert und Zeit für die Entwicklung von Impfstoffen und Arzneimitteln gewonnen. Spielhallen seien mit anderen Einrichtungen vergleichbar, in denen sich Menschen begegnen und die ebenfalls geschlossen worden seien, wie Theater, Kinos, Bibliotheken oder Museen. Sozialer Kontakt sei ein wesentlicher Bestandteil bei dem Besuch von Spielhallen, etwa wenn Gäste Spiele gemeinsam verfolgen würden. Angesichts der hohen Ansteckungsgefahr und der schnellen Ausbreitung des Virus seien die von den Betreibern angeführten Maßnahmen nicht ausreichend.

Hinweis: Der öffentliche Gesundheitsschutz hat Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen der Betreiber an einem Weiterbetrieb ihrer Spielhallen. Außerdem können erhebliche Staatshilfen während der Coronakrise in Anspruch genommen werden, die nach Ansicht der Richter die teilweise existenzbedrohenden Auswirkungen abmildern könnten.

Quelle: VG Köln, Beschl. v. 20.03.2020 - 7 L 510/20 zum Thema: Sonstiges (aus: Ausgabe 05/2020)

Nicht notwendige Versorger: Verwaltungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit von Betriebsschließungen zweier Läden

Die Coronapandemie stellt unser bisheriges Leben völlig auf den Kopf. Umso wichtiger ist es, dass auch bei Maßnahmen, die auf den ersten Blick eilig mit der heißen Nadel gestrickt zu sein scheinen, die Rechtsgrundlagen geprüft werden. Somit war es klar und auch richtig, dass die Gerichte hierzu schnell angerufen wurden - so wie im Folgenden das Verwaltungsgericht Aachen (VG) zur Frage von angeordneten Betriebsschließungen.

Durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Würselen vom 18.03.2020 wurde der Betrieb bestimmter Verkaufsstellen des Einzelhandels zunächst befristet bis zum 19.04.2020 untersagt. Gegen diese Verfügung zogen der Betreiber einer Lottoannahmestelle und der Betreiber eines Pralinenfachgeschäfts vor Gericht. Sie wollten mit zwei Eilanträgen ihre Betriebe offenhalten. Das Gericht war jedoch anderer Auffassung.

Das VG bestätigte die Stadt Würselen, die in der Allgemeinverfügung nachvollziehbar dargelegt hatte, dass die Maßnahmen zur Risikominimierung erforderlich seien, um nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse besonders anfällige Personengruppen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen. Wegen des dynamischen Verlaufs der Ausbreitung mit ersten Todesfällen in den letzten Wochen sei das Verbot nicht notwendiger Veranstaltungen und Betriebsfortführungen erforderlich. Nur so sei die Ansteckung einer größeren Anzahl von Personen zu verzögern.

Hinweis: Zum damaligen Zeitpunkt hatten die Anträge der Ladeninhaber keine Chance, mit ihrem Begehren durchzukommen. Doch haben wir in der Krise gelernt, dass sich das natürlich fast tagtäglich ändern kann - je nachdem, wie die Coronapandemie verläuft.

Quelle: VG Aachen, Beschl. v. 21.03.2020 - 7 L 230/20; Beschl. v. 23.03.2020 - 7 L 233/20 zum Thema: Sonstiges (aus: Ausgabe 05/2020)

Trotz Therapieprognosen: Kind mit fetalem Alkoholsyndrom bekommt keine Unterstützung für einen Begleithund

Nicht alles, was hilft, ist möglich - und das ist leider oft dann der Fall, wenn einem die entsprechenden Mittel fehlen. Dass das soziale Netz nicht immer Abhilfe schafft, zeigt der folgende Fall des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG), bei dem die Kläger an krankenkassenrechtlichen Hürden scheiterten.

Ein Grundschüler aus Niedersachsen wurde als viertes von sechs Kindern einer alkoholkranken Mutter geboren. In der Schwangerschaft hatte die Mutter erhebliche Mengen Alkohol getrunken, so dass nach der Geburt das Kind in Obhut genommen und in die Hände von Pflegeeltern gegeben wurde. Infolge des mütterlichen Alkoholkonsums leidet der Jungen am fetalen Alkoholsyndrom (FAS) und einer Entwicklungsverzögerung. In der Schule begleitet ihn daher eine Integrationshelferin. Die Kinderärztin verordnete dem Kind einen Behindertenbegleithund. Die Pflegeeltern kauften dem Jungen daraufhin einen Golden Retriever und wollten dessen Ausbildung zum Begleithund durchführen lassen, die sich auf bis zu 30.000 EUR belaufe. Als die Krankenkasse die Kostenübernahme für die Ausbildung des Hunds ablehnte, klagten die Pflegeeltern - doch leider vergeblich.

Zwar zweifelte das LSG die ärztliche Begründung nicht an, dass Begleithunde Kindern mit FAS helfen können, indem sie etwa bei Unruhezuständen die Pfote auflegten oder Redeflüsse unterbrächen. Auch dass ein Hund Geborgenheit gäbe oder den Kontakt zu anderen Kindern fördere, stand hierbei nicht in Abrede. Der Grund für die Ablehnung war viel profaner: Im Gegensatz zum Blindenhund ist ein Begleit- oder Assistenzhund schlicht und ergreifend kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung.

Hinweis: Eine Klage vor einem Sozialgericht verursacht keine Gerichtskosten. Das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb es so häufig angerufen wird.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 - L 16 KR 253/18 zum Thema: Sonstiges (aus: Ausgabe 05/2020)

Zwölfbeiniges Hundegetümmel: Kommt es zu Schäden bei Hundebegegnungen, tragen Besitzer von Freiläufern die Hauptschuld

Der angeblich beste Freund des Menschen ist nicht immer auf dessen unbedingtes Wohlergehen bedacht. Wie auch, wenn es sich um einen Hund handelt? Dass ihn die Begegnung mit anderen Artgenossen gern mal die Contenance kosten kann, sollten Hundehalter stets berücksichtigen. Sonst wird es für die einen schmerzhaft, für die anderen teuer - so wie im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG).

Eine Frau führte ihre beiden Hunde angeleint aus. Plötzlich lief ein Hund von einem Grundstück auf die beiden Terrier zu und es entstand zwischen den drei Hunden ein "Getümmel". Da die Frau ihre beiden Leinen weiterhin festhielt, stürzte sie darüber und zog sich eine Radiuskopffraktur am Ellenbogen zu. Insgesamt wollte sie von dem Hundehalter ein Schmerzensgeld von 6.000 EUR bekommen. Der Hundehalter meinte jedoch, die Frau hätte sich an den Leinen der eigenen Hunde verheddert, und schließlich sei sie über ihre eigene Leine gestolpert.

Das OLG war auf der Seite der Frau. "Schuld" trug letztendlich der freilaufende Hund des Mannes. Damit hat sich die von dem Hund ausgehende sogenannte Tiergefahr in dem Sturz realisiert. Denn das unkontrollierte Umherlaufen von Hunden als Reaktion auf ein Zusammentreffen mit anderen Hunden stellt eine in vorgenanntem Sinne typische tierische Verhaltensweise dar. Allerdings muss sich die verletzte Frau die von ihren eigenen Hunden ausgehende und mitursächlich gewordene Tiergefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen. Die Höhe ihres Mitverschuldens ist im konkreten Fall mit einem Drittel zu bewerten; die Frau wird demnach 4.000 EUR erhalten.

Hinweis: Hundehaltern sollte klar sein, dass Hundebegegnungen stets unberechenbar enden können. Das gilt sowohl bei angeleinten als auch bei freilaufenden Hunden. Dieser Umstand und die Tatsache, dass das Laufenlassen vielerorts untersagt ist, sollten jedem Hundehalter den Besuch einer Hundeschule nahelegen - dann hat man seinen Hund und auch die Einhaltung geltender Gesetze etwas besser im Griff.

Quelle: OLG Koblenz, Urt. v. 09.12.2019 - 12 U 249/18 zum Thema: Sonstiges (aus: Ausgabe 05/2020)
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